Die Geschichte der Prostitution in Berlin: Vom Mittelalter bis zur Gegenwart

Die Geschichte der Prostitution in Berlin Vom Mittelalter bis zur Gegenwart

Berlin verfügt über eine reiche Geschichte der Prostitution, die sich über Jahrhunderte erstreckt. Diese Entwicklung reicht vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Das Bild der käuflichen Liebe hat sich ständig verändert. Gesellschaftliche Entwicklungen, wechselnde Gesetze und die Transformation der Rotlichtviertel prägen diese Geschichte.

Der Umgang mit Sexarbeit schwankte zwischen Duldung und Verfolgung. Im Mittelalter wurden Prostituierte als notwendiges Übel gesehen. Im frühen 20. Jahrhundert erlebte Berlin eine Blütezeit mit etwa 50.000 Sexarbeiterinnen, bekannt als „Kokotten“ und „leichte Mädchen“.

Die Geschichte der Prostitution in Berlin ist auch von dunklen Kapiteln geprägt. Während der NS-Zeit zeigte sich eine heuchlerische Doppelmoral. Prostituierte wurden verfolgt, gleichzeitig betrieben die Nazis eigene Bordelle, wie den „Salon Kitty“. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die Prostitution in Berlin präsent und diente vielen Frauen als Mittel zur Existenzsicherung.

Heute prägen hunderte Bordelle und Sexarbeiterinnen aus aller Welt das Bild der käuflichen Liebe in Berlin. Die Debatte um Regulierung, Sperrbezirke und den Schutz von Prostituierten bleibt aktuell. Dies zeigt, dass die Geschichte der Prostitution in Berlin noch lange nicht abgeschlossen ist.

Einführung in die Thematik der Prostitution in Berlin

Die Prostitution in Berlin hat eine lange Geschichte. Sie begann im Mittelalter und entwickelte sich weiter, von der Weimarer Republik bis heute. Diese Entwicklung zeigt sich in den gesetzlichen Veränderungen und der gesellschaftlichen Wahrnehmung.

Heute leben in Deutschland etwa 23.700 Prostituierte, mit einer Dunkelziffer, die höher sein könnte. In Berlin sind rund 8.000 Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter tätig. Im Gegensatz zu anderen Städten gibt es in Berlin keine Sperrbezirke oder Sperrstunden.

Epoche Besonderheiten der Prostitution in Berlin
Mittelalter Prostitution als notwendiges Übel geduldet
19. Jahrhundert Geduldete Sittenlosigkeit, Bordellregulation
Weimarer Republik Blütezeit, Berlin als „Stadt der Sünde“
Drittes Reich Doppelmoral und Kontrolle, „Salon Kitty“
Nachkriegszeit Prostitution zur Existenzsicherung
DDR Strenge Reglementierung, Duldung
Nach der Wende Legalisierung, osteuropäische Prostituierte

Die Prostitution in Berlin ist vielfältig. Sie reicht von Straßenprostitution bis zu Online-Diensten. Viele Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter stammen aus Asien, Osteuropa und Lateinamerika. Viele sind illegale Einwanderer und werden ausgebeutet.

„Ich sehe mich als Feministin und gleichzeitig als Sexarbeiterin. Für mich ist das kein Widerspruch. Ich setze mich für die Rechte von Prostituierten ein und möchte, dass unsere Arbeit als legitimer Beruf anerkannt wird.“
– Kristina Marlen, Sexarbeiterin und Aktivistin

Deutschland hat in den letzten Jahren gegen Menschenhandel und Zuhälterei mehr getan. Trotzdem gibt es noch Probleme. Eine genaue Betrachtung der Geschichte der Prostitution in Berlin hilft, die aktuellen Herausforderungen zu verstehen und Lösungen zu finden.

Die Anfänge der Prostitution im Mittelalter

Die Geschichte der Prostitution in Berlin reicht bis ins Mittelalter zurück. Bereits im 14. Jahrhundert gab es in der Stadt eine ausgeprägte Prostitutionsszene. Im Mittelalter definierte man Prostitution nicht primär über den Austausch von Geld, sondern über den häufigen Partnerwechsel. Während Homosexualität als Verbrechen galt, das mit dem Tod bestraft wurde, war die weibliche heterosexuelle Prostitution weit verbreitet.

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts kam es zu einem signifikanten Anstieg städtischer Bordelle, darunter auch die Einrichtung sogenannter Frauenhäuser als eine Form der Prostitution. Verschiedene Faktoren führten Frauen im Mittelalter in die Prostitution, oft verbunden mit Armut und sozialer Ausgrenzung. Es existierten unterschiedliche Formen der Prostitution, wie beispielsweise Soldatenprostituierte mit spezifischen Rollen innerhalb der militärischen Logistik.

Prostitution als notwendiges Übel in der Gesellschaft

Im Mittelalter wurde Prostitution in der Gesellschaft als notwendiges Übel betrachtet. Die Kirche und die Stadträte tolerierten die Prostitution, um größere Übel wie Ehebruch oder sexuell motivierte Verbrechen zu verhindern. Man sah die Prostitution als eine Art Ventil für die männliche Sexualität und als Möglichkeit, die Keuschheit ehrbarer Frauen zu schützen.

Die Geschichte der Prostitution in Berlin: Vom Mittelalter bis zur Gegenwart

Die Städte richteten sogenannte Frauenhäuser ein, in denen Prostituierte unter Aufsicht arbeiten konnten. Diese Frauenhäuser dienten dazu, die Aktivitäten junger Männer zu regulieren und sie davon abzuhalten, sich mit Jungfrauen oder anständigen Frauen einzulassen. Die Städte profitierten jedoch finanziell nicht wesentlich von der Prostitution, da die Einnahmen oft weniger als 0,5% des städtischen Budgets ausmachten.

Rechtsauffassung zur Prostitution im Mittelalter

Die rechtliche Situation der Prostitution im Mittelalter war komplex. Einerseits wurde sie als notwendiges Übel toleriert, andererseits gab es Bestrebungen, sie zu regulieren und einzudämmen. Die Stadträte erließen Vorschriften zur Kontrolle der Prostitution, wie beispielsweise Kleiderordnungen oder räumliche Beschränkungen.

Jahrhundert Rechtliche Situation
13. Jahrhundert Prostitution wird in vielen Städten toleriert und reguliert
14. Jahrhundert Zunahme städtischer Bordelle und Frauenhäuser
15. Jahrhundert Verschärfung der Vorschriften und Einschränkungen für Prostituierte

Trotz der Bemühungen zur Regulierung blieb die Prostitution im Mittelalter weit verbreitet. Die begrenzt verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass das Ausmaß der Prostitution im Mittelalter möglicherweise nicht wesentlich höher war als in der heutigen Zeit. Die Interessen der Städte an der Regulierung der Prostitution lagen eher in der gesellschaftlichen Kontrolle und Aufrechterhaltung der Ordnung als in finanziellen Gewinnen.

Prostitution im 19. Jahrhundert: Geduldete Sittenlosigkeit

Im 19. Jahrhundert wurde die Prostitution in Berlin geduldet, obwohl sie offiziell als sittenlos angesehen wurde. Die Gesellschaft sah Bordelle als notwendig an, um die Moral zu bewahren und die Verbreitung von Geschlechtskrankheiten zu verhindern. Trotzdem versuchte der Staat, die Prostitution durch Gesetze und strenge Regulierungen zu kontrollieren.

Gesetzliche Rahmenbedingungen und Bordellregulation

Die preußische Regierung erlaubte bis 1850 staatlich überwachte Bordelle, die strengen Regeln unterlagen. Anfang des Jahrhunderts gab es etwa 500 Prostituierte in Berlin, die jährlich 60.000 Talern Steuern zahlten. Nach der Aufhebung der kontrollierten Bordelle stieg die Anzahl der Prostituierten stark an. Selbst Minderjährige wurden in die Prostitution verwickelt.

Dies führte zu einem Anstieg unehelicher Kinder, die von der Stadt unterstützt wurden. Die Regierung reagierte mit strengen Maßnahmen. Ab 1846 war die Eröffnung neuer Bordelle verboten und ausgewiesene Prostituierte wurden aus der Stadt entfernt. Doch diese Maßnahmen scheiterten, und die Sexarbeit verschwand auf die Straßen.

Die Klosterstraße als Zentrum der Prostitution

Bis 1850 wurden alle Bordelle Berlins in die berüchtigte Klosterstraße verlegt. Hier standen 52 Freudenhäuser dicht an dicht, wo die Dienste der Prostituierten streng reglementiert waren. Eine Petition ehemaliger Bordellbesitzer aus dem Jahr 1848 beschreibt die Zustände eindringlich:

„In Berlin giebt es gegenwärtig zum mindesten 5000 Huren, verheirathete, wie unverheirathete Frauenzimmer, welche ihr Geschäft ganz frei und ungenirt, gleichsam unter den Augen des Gesetzes und der Behörden betreiben […] und durch ihr freches, herausforderndes und schamloses Benehmen […] die öffentliche Sicherheit gefährden […]“

Die Petition erwähnt die Existenz von mindestens 5.000 verheirateten und unverheirateten Prostituierten in Berlin, die ihre Tätigkeiten ungehindert und schamlos ausübten. Dieses freie Gewerbe führte laut den Bordellbesitzern zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

Zeitraum Anzahl Prostituierte Jährliche Steuereinnahmen
Anfang 19. Jh. ca. 500 60.000 Taler
Nach 1850 mind. 5.000 keine Angaben

Trotz aller Bemühungen gelang es der Regierung nicht, die Prostitution wirksam einzudämmen. Um die Jahrhundertwende entwickelte sich die Jungfernbrücke an der Berliner Fischerinsel zu einem neuen Hotspot des Sexgewerbes. Dies zeigt, wie weit die Prostitution in der Stadt verbreitet war.

Die Geschichte der Prostitution in Berlin: Vom Mittelalter bis zur Gegenwart

Die Weimarer Republik: Berlin als Stadt der Sünde

Berlin war in den 1920er und frühen 1930er Jahren eine der größten Städte der Welt. Es erlebte eine Zeit der Prostitution, die als Blütezeit galt. Das Nachtleben war lebhaft, geprägt von Erotik und Exotik. Tagsüber lockten Cafés, Bars und Restaurants mit ihrem Angebot, vor allem am Kurfürstendamm und der Friedrichstraße.

Nachts verwandelte sich Berlin in ein Zentrum der Unterhaltung. Tanzrevuen, Kabaretts, Travestiebälle und Bierkneipen boten Unterhaltung. Renommierte Schriftsteller wie Klaus Mann, Erich Kästner und Christopher Isherwood beschrieben Berlin als sündiges Paradies. Die Stadt zog Touristen aus aller Welt an, die das berüchtigte Nachtleben erleben wollten.

Die Blütezeit der Prostitution in der Weimarer Republik

Während der Weimarer Republik blühte die Prostitution in Berlin unkontrolliert auf. Schätzungen zufolge arbeiteten Anfang des 20. Jahrhunderts rund 50.000 Prostituierte in der Stadt. Huren und Zuhälter boten für jeden Geldbeutel etwas, von günstigem Sex bis zu teureren Angeboten an der Friedrichstraße.

Die organisierte Kriminalität, vor allem die Ringvereine, hatte großen Einfluss. Es gab über 60 solcher Gruppierungen mit mindestens 1000 Mitgliedern. Die Ringvereine kontrollierten das Nachtleben und arbeiteten mit verschiedenen Dienstleistern zusammen. Prostitution war eine ihrer Hauptquellen der Einnahmen.

Etablissement Besonderheiten
Haus Vaterland Riesiger Vergnügungspalast mit Platz für 6000 Gäste in einem Dutzend Themenrestaurants, aufwendige Unterhaltung mit 12 Orchestern und 24 kostümierten Tänzern
Himmel und Hölle Kabarettshows mit bis zu 50 jungen Darstellern, spezialisiert auf provokante Nacktrevuen, nur für gut betuchte Gäste zugänglich
Zum Hundejustav Treffpunkt für die Berliner Unterwelt am Stettiner Bahnhof, Gäste reichten von Gangstern über Prostituierte und Kokainhändler bis hin zu Obdachlosen
Kabarett Rote Mühle In der Nähe des Schlesischen Bahnhofs gelegen, kam es hier aufgrund der angeblich minderwertigen Darbietungen und des übermäßigen Alkoholkonsums des Publikums immer wieder zu Konflikten und Tumulten

Gesellschaftliche Wahrnehmungen und Medienberichterstattung

Die Prostitution in Berlin war ein häufiges Thema in den Medien. Zeitungen berichteten ausführlich über das Treiben in den Vergnügungsvierteln und die Aktivitäten der Ringvereine. Gleichzeitig gab es Stimmen, die vor den moralischen Gefahren und der Sittenlosigkeit warnten.

„Wollüstig und verrucht, ein Babel voller Laster – so präsentiert sich Berlin dem Besucher bei Nacht. Eine Stadt, die niemals schläft, immer bereit, ihre dunkelsten Geheimnisse zu offenbaren.“
– Curt Moreck, Journalist, 1931

Trotz der Bedenken blieb Berlin bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten Anfang 1933 ein Magnet für Vergnügungssuchende. Mit dem Aufstieg des NS-Regime endete jedoch die frivoler Ära abrupt. Die Nazis führten strenge Beschränkungen für das Nachtleben ein und griffen hart gegen die Ringvereine vor.

Prostitution im Dritten Reich: Doppelmoral und Kontrolle

Das Dritte Reich zeigte eine absurde Doppelmoral in Bezug auf Prostitution in Berlin. Einerseits wurden Prostituierte als „asoziale weibliche Elemente“ stigmatisiert und verfolgt. Andererseits betrieb das NS-Regime selbst Bordelle, sogar in Konzentrationslagern. Die Regierung kontrollierte die Sexarbeit streng, profitierte aber gleichzeitig davon.

Der Fall des „Salon Kitty“ und seine Bedeutung

Ein berühmtes Beispiel für die Prostitution in Berlin war der „Salon Kitty“ in Charlottenburg. Ab 1939 zwang die Gestapo Kitty Schmidt, ihr Etablissement dem Sicherheitsdienst zur Verfügung zu stellen. Das gesamte Bordell war mit versteckten Mikrofonen ausgestattet. Die Frauen sollten Regimegegner entlarven.

„Im gleichen Atemzug betrieben die Nazis eigene Bordelle – sogar in Konzentrationslagern. Berühmt für die Berliner Prostitutions-Szene während des Dritten Reichs wurde das Charlottenburger Bordell Salon Kitty.“

Regierungskontrolle und Verfolgung von Prostituierten

Die nationalsozialistische Führung kontrollierte die Prostitution streng. Frauen, die als „asozial“ eingestuft wurden, trugen ein schwarzes Dreieck auf ihrer Häftlingskleidung. Sie waren in Konzentrationslagern harten Bedingungen und schwerer Arbeit ausgesetzt. Viele wurden zur Sexarbeit gezwungen.

Die Nazis schufen ein Idealbild der Frau und dämonisierten Abweichungen davon. Frauen, denen sexuell abweichendes Verhalten vorgeworfen wurde, wurden verfolgt. Besonders gefährdet waren spezifische Zielgruppen, die aufgrund sexueller und eugenischer Ideologien identifiziert wurden. Vorwürfe der Promiskuität oder Interaktionen mit ausländischen Arbeitern konnten zur Inhaftierung führen.

  • Sexualisierte Gewalt war für Frauen in NS-Konzentrationslagern verbreitet, wurde aber lange marginalisiert.
  • Interviews berichten von einem brutalen „Empfangsritual“, bei dem Frauen sich nackt vor SS-Männern zeigen mussten. Dies löste großen Schock und Trauma aus.
  • Das NS-Regime richtete systematisch Bordelle in Konzentrationslagern ein, um die Arbeitskraft der Häftlinge auszubeuten. Besuche dieser Einrichtungen wurden privilegierten Insassen als Belohnung angeboten, mit Einschränkungen basierend auf Nationalität und Rasse.

Die erzwungene Teilnahme von Frauen an der Zwangsprostitution während der NS-Zeit führte zu schweren Traumata. Das Konzept der „Freiwilligkeit“ war ein Mythos. Die Verwendung von irreführender Sprache und Manipulation verschärfte die Verwundbarkeit der Opfer zusätzlich.

Nachkriegszeit und die Herausforderungen der Prostitution

Die Nachkriegszeit in Berlin war geprägt von Zerstörung, Armut und dem Kampf ums Überleben. Viele Frauen mussten ihren Körper verkaufen, um zu überleben. Obwohl Prostitution außerhalb von Bordellen als sittenlos galt, gingen auch Frauen aus höheren Schichten diesem Gewerbe nach.

Im zerstörten Berlin halfen die Trümmerfrauen tagsüber beim Wiederaufbau. Nach Sonnenuntergang wurden sie oft Teilzeit-Prostituierte. Besonders in den Besatzungszonen, vor allem im amerikanischen Sektor, boten sie sexuelle Dienste gegen Geschenke oder Lebensmittel an. Die Besatzungsmächte beeinflussten somit stark die Entwicklung der Prostitution.

Prostitution im zerstörten Berlin für Existenzsicherung

Die Not der Nachkriegszeit trieb viele Frauen in die Prostitution. Es war oft die einzige Möglichkeit, das Überleben zu sichern. Schätzungen zufolge gab es 1945 in Berlin etwa 10.000 Prostituierte, die meisten Gelegenheitsprostituierte.

Die Zahl der Bordelle stieg von 30 im Jahr 1930 auf über 200 im Jahr 1945. Dies zeigt den Anstieg der Prostitution in dieser Zeit.

„Direkt nach dem Krieg ging es ums nackte Überleben. Ich hatte keine Wahl, als meinen Körper zu verkaufen. Es war demütigend, aber es war die einzige Möglichkeit, an Lebensmittel und Geld zu kommen.“
– Erna K., Zeitzeugin und ehemalige Prostituierte in Berlin

Der Einfluss der Besatzungsmächte auf die Prostitution

Die Besatzungsmächte, insbesondere die Amerikaner, hatten einen großen Einfluss auf die Prostitution in Berlin. Viele Soldaten nutzten die Dienste der Prostituierten, was die Nachfrage erhöhte. Gleichzeitig versuchten die Behörden, die Prostitution zu regulieren und die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten einzudämmen.

Jahr Anzahl der registrierten Prostituierten in Berlin
1945 10.000
1950 15.000
1955 12.000

Mit dem wachsenden Wohlstand in den 1950er Jahren änderte sich die Motivation der Prostituierten. Waren es anfangs hauptsächlich existenzielle Gründe, so stand später vermehrt der finanzielle Aspekt im Vordergrund. Ende der 1950er Jahre wurde die Kurfürstenstraße in Berlin-Schöneberg zum Treffpunkt für Straßenprostitution und Kinderprostitution.

Prostitution in der DDR: Strenge Reglementierungen

Mit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) im Jahr 1949 wurden Prostitution und sozialistische Werte als unvereinbar angesehen. Die Führung sah Prostitution als widersprüchlich zu den sozialistischen Idealen und dem angestrebten Frauenbild. Trotz offizieller Verbote blieb Prostitution existent, vor allem, um Devisen und Informationen für die Staatssicherheit (Stasi) zu beschaffen.

Die real existierende Duldung von Prostitution

Obwohl Prostitution offiziell verboten war, praktizierte die DDR eine Duldung. Besonders in Devisenhotels, die von ausländischen Gästen frequentiert wurden, blieb Prostitution weitgehend unbehelligt. Hotels wie das Palast-Hotel am Potsdamer Platz oder das Interhotel Stadt Berlin am Alexanderplatz waren Treffpunkte für Prostituierte und Freier.

Die Duldung stand im Widerspruch zu den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und der propagierten Sexualmoral. Während in der BRD in den 1960er Jahren die Sexualnormen liberalisierten, hielt die DDR an konservativen Moralvorstellungen fest. Die Jugendkritik führte jedoch zu einer Lockerung der Moralvorstellungen des Staates.

Prostituierte als Informationsquelle der Stasi

Die Staatssicherheit nutzte Prostituierte nicht nur zur Devisenbeschaffung, sondern auch als Informationsquelle. Sie setzte Prostituierte ein, um über ausländische Gäste, besonders aus dem Westen, Informationen zu sammeln. Dies zeigt die Doppelmoral des DDR-Regimes im Umgang mit Prostitution.

Land Verhältnis Stasi-Mitarbeiter zu Bürgern (1989)
DDR 1 : 180
Sowjetunion 1 : 595
Tschechoslowakei 1 : 867
Polen 1 : 1.574

Die hohe Überwachungsdichte in der DDR, mit einem Verhältnis von einem Stasi-Mitarbeiter zu 180 Bürgern, zeigt die allgegenwärtige Kontrolle. Prostituierte wurden ebenfalls überwacht und teilweise als Werkzeuge der Stasi missbraucht.

Die Prostitution in der DDR existierte trotz Verbote und strenger Reglementierung weiter. Die Duldung in bestimmten Bereichen und die Instrumentalisierung durch die Stasi zeigen die widersprüchliche Haltung des DDR-Regimes gegenüber dem Sexgewerbe.

Wende und legale Prostitution in vereintes Berlin

Die Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 brachte für die Prostitution in Berlin neue Bedingungen. Die geteilte Stadt wurde wieder zu einer Einheit. Die Gesetze und Praktiken in Ost und West mussten angeglichen werden. So wurde die Prostitution im gesamten Berlin legalisiert.

Die Auswirkungen der Wiedervereinigung auf die Sexarbeit

Die Wiedervereinigung brachte für Sexarbeiterinnen in Berlin Chancen und Herausforderungen. Sie konnten nun legal arbeiten, ohne Angst vor Strafen. Doch der Markt wurde durch die Öffnung stärker. Viele Prostituierte mussten ihre Preise senken, um zu überleben.

Die Gesellschaft sah die Prostitution nun anders. In der DDR war sie verboten, in Westberlin toleriert. Nach der Wiedervereinigung stand sie im Mittelpunkt der Diskussionen. Es gab Debatten über Rechte, Menschenhandel und die Rolle des Staates.

Osteuropäische Prostituierte und der Markt

Nach der Wende kamen viele Frauen aus Osteuropa nach Berlin. Sie suchten ihr Glück und fanden in der Prostitution Arbeit. Dies veränderte den Markt.

Die Anwesenheit osteuropäischer Prostituierter verschärfte den Wettbewerb, zudem kamen weitere Prostituierte aus anderen Großstädten in Deutschland. Ob nun die Bremenladies oder Hannoverladies. Berlin war nach der Wende in. Die zahlreichen Prostituierten aus dem ehemaligen Ostblock boten ihre Dienste zu niedrigeren Preisen an. Doch sie waren aufgrund ihrer Herkunft und ihres unsicheren Status besonders gefährdet.

Zeitraum Ereignis
Januar 2012 Bericht über Probleme im Rotlichtmilieu in Berlin
Februar 2010 Treffen zu rechtlichen Maßnahmen im Sexgewerbe, insbesondere zur Freizügigkeit und Vereinheitlichung von Praktiken
Zuwanderungsdebatte Diskussion über Zuwanderungspolitik, v.a. bezüglich des Anstiegs von Prostituierten aus Osteuropa (Ungarn, Rumänien) und Bedenken zur vollen Freizügigkeit für EU-8-Bürger

Die Wiedervereinigung und die Legalisierung der Prostitution veränderten den Sexmarkt in Berlin tiefgreifend. Die Herausforderungen und Probleme beschäftigen Politik und Gesellschaft bis heute.

Aktuelle Situation der Prostitution in Berlin

Die Prostitution in Berlin hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Neben dem öffentlichen Sexgewerbe gibt es in der Hauptstadt hunderte Bordelle, in denen Sexarbeiterinnen ihre Dienste anbieten. Seit der Jahrtausendwende wurde die Prostitution in Deutschland durch zwei verschiedene Gesetze stärker reglementiert, um die soziale und rechtliche Absicherung von Prostituierten zu verbessern.

Das Prostitutionsgesetz von 2002 hat die Sittenwidrigkeit der Prostitution abgeschafft und damit einen neuen, liberalen Umgang mit dem Gewerbe in Deutschland eingeläutet. Ziel war es, die rechtliche und soziale Situation der einzelnen Prostituierten zu verbessern. Seit Juli 2017 ist zudem das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft, das den Markt sicherer und übersichtlicher gestalten soll. Kernelemente sind beispielsweise eine Erlaubnispflicht und regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen für Sexarbeiterinnen.

Gesetzliche Veränderungen und der Prostituiertenschutz

Die Gesetzgebung zur Prostitution in Berlin hat sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. Folgende Meilensteine sind dabei hervorzuheben:

  • Das Prostitutionsgesetz von 2002 hat die Sittenwidrigkeit der Prostitution abgeschafft und die rechtliche Situation von Prostituierten verbessert.
  • Das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten von 2002 markierte einen neuen, liberalen Umgang mit Prostitution in Deutschland.
  • Das Prostituiertenschutzgesetz ist im Juli 2017 in Kraft getreten.
  • Prostituierte müssen ihre Tätigkeit persönlich anmelden und vor der Anmeldung eine gesundheitliche Beratung wahrnehmen.

Zudem gibt es in Berlin drei Fachberatungsstellen für Sexarbeitende, die von der für Frauen und Gleichstellung zuständigen Senatsverwaltung gefördert werden. Der landesweite Runde Tisch Sexarbeit hat seine Arbeit im September 2018 aufgenommen, um die Situation weiter zu verbessern.

Das Bild der Prostitution im heutigen Berlin

Trotz der gesetzlichen Veränderungen bleibt die Prostitution in Berlin ein kontroverses Thema. Insbesondere der berüchtigte Straßenstrich auf der Kurfürstenstraße, der sogenannte „Babystrich“, sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Kunden sprechen die Sexarbeiterinnen hier rund um die Uhr an, was oft zu gefährlichen Situationen führt.

„Behandelt die Frauen mit Respekt. Werdet nicht aggressiv oder respektlos, wenn euch der Preis nicht passt. Manche Sexarbeiterinnen stehen unter der Kontrolle von Zuhältern und können die Preise nicht selbst bestimmen. Wer Sexarbeiterinnen Gewalt antut, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.“
– Sozialarbeiterin und ehemalige Sexarbeiterin auf der Kurfürstenstraße

Schätzungen zufolge bieten in Berlin zwischen 6000 und 8000 Prostituierte ihre Dienste an, wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte. Ende letzten Jahres waren 2055 Sexarbeiterinnen gemäß Prostituiertenschutzgesetz beim Berliner Senat gemeldet.

Auffällig ist der hohe Anteil ukrainischer Frauen im Berliner Prostitutionsgewerbe. Berichten zufolge soll jede zweite Sexarbeiterin in einem Berliner Bordell aus der Ukraine stammen. Viele ukrainische Geflüchtete sehen aufgrund mangelnder Perspektiven auf dem deutschen Arbeitsmarkt keine andere Option als der Gang in die Prostitution.

Ukrainische Geflüchtete in Deutschland (März 2024) Anzahl
Empfänger von Grundsicherungsleistungen 722.000
Erwerbsfähig 506.000
Nicht erwerbsfähig (überwiegend Kinder) 216.000

Viele ukrainische Geflüchtete in Berlin kennen ihre Rechte nicht und scheuen aus Angst vor Stigmatisierung den Gang zu Behörden. Auch fehlender adäquater Wohnraum trägt dazu bei, dass einige in der Prostitution verbleiben. Der Ausstieg aus dem Sexgewerbe gestaltet sich für viele Frauen schwierig, da es in der abgeschotteten Branche oft an Kontakten außerhalb fehlt – gerade in einem angespannten Wohnungsmarkt wie Berlin.

Fazit

Die Geschichte der Prostitution in Berlin ist tiefgreifend von gesellschaftlichen Normen und gesetzlichen Regelungen geprägt. Sie spiegelt die Veränderungen in der Gesellschaft wider. Vom Mittelalter bis heute hat sich das Bild der Sexarbeit kontinuierlich gewandelt. Dies verdeutlicht die anhaltende Diskussion um Prostitution.

Heute ist Berlin für sein vielfältiges Prostitutionsoffer bekannt. Doch es gibt auch dunkle Seiten. In Deutschland arbeiten geschätzt 400.000 Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, von denen nur 23.700 offiziell registriert sind. Die Mehrheit der registrierten Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter hat keine deutsche Staatsbürgerschaft.

Neuere Gesetzesänderungen zielen darauf ab, Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter zu schützen. Seit 2016 ist das Kaufverbot von sexuellen Dienstleistungen von Zwangsprostituierten in Kraft. 2021 wurde die Kundenstrafbarkeit auf fahrlässige Verstöße ausgeweitet. Trotzdem gibt es Zweifel an der Wirksamkeit dieser Maßnahmen.

Ein ganzheitlicher Ansatz ist notwendig, um die Situation von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern zu verbessern. Dieser Ansatz muss gesetzliche Regelungen, gesellschaftliche Integration und Unterstützung umfassen. Initiativen wie die Neustart-Vereinigung auf der Kurfürstenstraße sind Schritte in die richtige Richtung. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, einen menschlichen und pragmatischen Umgang mit Prostitution zu finden.